Julius Stettenheim, Lithographie um 1880
Leben und Werk
Julius Stettenheim wurde am 2. November 1831 in Hamburg geboren. Als Sohn eines jüdischen Kaufmanns wuchs er in einer Zeit großer politischer und sozialer Umbrüche auf. Schon früh zeigte sich sein Talent für satirische Beobachtungen und pointierte Formulierungen.
1862 gründete er die "Hamburger Wespen", die schnell zu einem wichtigen Organ der politischen Satire wurden. Der Umzug nach Berlin 1868 markierte den Beginn einer neuen Ära: Die "Berliner Wespen" wurden unter seiner Führung zur schärfsten satirischen Stimme des deutschen Kaiserreichs.
Seine bekannteste Schöpfung war die Figur des "Wippchen", ein übertrieben patriotischer Kriegsberichterstatter, dessen absurde Berichte die militaristische Gesellschaft der Zeit persiflierten.
Wichtige Werke (Auswahl)
- Der Untergang der Welt oder: Berliner am dreizehnten Juni 1857 (Posse mit Gesang, 1857)
- Die letzte Fahrt (Liederspiel, 1859)
- Der Judenfresser (1862)
- Die Berliner Wespen im Aquarium (1869)
- Wippchens sämmtliche Berichte (16 Bände, 1878–1903)
- Schultze und Müller auf der Weltausstellung in Paris 1878
- Humor und Komik (1891)
- Wippchen in Chicago (1893)
- Heitere Erinnerungen (1896)
- Der moderne Knigge (1899)
- Wippchens Tage- und Nachtbuch (1911)
Die Wippchen-Berichte
Wippchen, der fiktive Kriegskorrespondent aus Bernau, wurde zu einem der beliebtesten Charaktere der deutschen Satireliteratur. Seine verworrenen Berichte, gespickt mit absurden Metaphern und falschen Analogien, waren gleichzeitig unterhaltsam und gesellschaftskritisch. Stettenheim nutzte diese Figur, um die übertriebene Kriegsberichterstattung und den grassierenden Nationalismus seiner Zeit zu karikieren.
Literarisches Erbe
Neben seiner Arbeit als Herausgeber der "Berliner Wespen" verfasste Stettenheim zahlreiche Bücher und Sammlungen. Sein Humor war geprägt von sprachlicher Finesse und scharfer Beobachtungsgabe. Er verstand es meisterhaft, die Schwächen und Eitelkeiten der wilhelminischen Gesellschaft bloßzustellen, ohne dabei verletzend zu werden.
Zitate von Julius Stettenheim
"Die Wespen lassen den ersten Flügelschlag ihrer freien Seele rauschen. [...] Die Wespen verwunden Keinen, der sie nicht ärgert. Moral: Man ärgere sie nicht!"
"Der Humor ist die Medizin, die am wenigsten kostet und am besten wirkt."